Gastbeitrag: Welche Wirkung hat nachhaltige und faire Mode?
Gastbeitrag von Tim Weinel. Tim ist Inhaber des nachhaltigen Modelabels espero, welches sich insbesondere für den Artenschutz bedrohter Tierarten einsetzt.
Was ist eigentlich Nachhaltigkeit?
Nachhaltigkeit ist ein Begriff, der uns in der heutigen Zeit an fast jeder Ecke begegnet. Er verkauft sich besonders gut unter den Generationen Y und Z und doch gibt es eigentlich keine eindeutige und feste Definition für diesen Begriff. Ist etwas nachhaltig, steht es in der Regel für Umweltverträglichkeit oder Langlebigkeit. Der Begriff kann schon fast als Gütesiegel angesehen werden und dennoch gibt es keine klaren Regeln, nach welchen Unternehmen diesen verwenden dürfen.
Auch in der Modeindustrie findet „Nachhaltigkeit“ schon seit Jahren seinen Einzug. Immer mehr Menschen, vor allem jüngere, achten auch bei Ihrer Kleidung darauf, dass bei der Herstellung achtsam mit vorhandenen Ressourcen umgegangen wird. „Nachhaltigkeit“ umfasst jedoch noch mehr als nur die Materialien. Auch die Art der Verarbeitung spielt hier eine große Rolle – der Schlüsselbegriff ist hier „fair“. Um wirklich nachhaltige Kleidung zu produzieren, sollte sie auch fair sein. Nur so kann auch eine nachhaltige Entwicklung um die produzierenden Menschen vor Ort in Gang gesetzt werden. Doch welchen genauen Impact, also welche Wirkung, wird eigentlich mit dem Kauf von nachhaltiger und fairer Mode im Vergleich zu konventioneller Mode erzielt und was kann sich dadurch ändern?
Wirkung auf Arbeitsbedingungen
Faire Mode lässt sich häufig anhand von Siegeln und Zertifikaten erkennen, wobei sich nicht jeder Hersteller zertifizieren lassen muss, um nachhaltig und fair zu arbeiten. Dennoch ist das die Regel um das klar nach außen zu transportieren. Mittlerweile gibt es einige Zertifizierungen und Gütesiegel, die faire Bedingungen bescheinigen. Die einen widmen sich hauptsächlich den Menschen in der Produktionskette und stehen für faire Arbeitsbedingungen ein. Das beginnt damit die Bedingungen auf den Rohstofffeldern und den Textilfabriken zu verbessern und endet beim Mitspracherecht und der Gleichberechtigung. Die Zertifizierungen stellen auch klar, dass Kinder- und Zwangsarbeit in den produzierenden Betrieben ausgeschlossen und die Arbeiter*innen gerecht entlohnt werden. Dadurch wird eine Wirkung erzielt: Mit jedem fairen Shirt, das man kauft, hat man die Möglichkeit das Leben der Arbeiter*innen zu verbessern und etwas gegen Kinder- und Zwangsarbeit zu tun.
Wirkung auf Ressourcen
Andere Modelabel , als auch Zertifikate legen ihren Fokus verstärkt auf den Rohstoff, und die Herstellung der Kleidung – und hier gibt es im Kosmos der Nachhaltigkeit weit mehr als nur (Bio-)Baumwolle. Bei natürlichen Produkten sollen die Rohstoffe aus kontrolliert biologischem Anbau stammen, bedeutet, dass der Einsatz von chemischen Pestiziden und anderen umweltschädlichen Mitteln weitestgehend vermieden wird. Außerdem wird beim Anbau der Rohstoffe Wert daraufgelegt, Wasser nur so wenig wie möglich und so viel wie nötig zu verbrauchen. Zum Vergleich: Bei der Produktion eines konventionellen einfachen T-Shirts werden der gesamten Produktionskette entlang bis zu 2.700 Liter Wasser verbraucht, was in etwa 17 Badewannen entspricht. Durch den Einsatz nachhaltig gewonnener Bio-Baumwolle und einer nachhaltigen Produktion lässt sich dieser Einsatz um bis zu 90% reduzieren.
Auch Recycling-Produkte aus Materialien wie Polyester oder Nylon nehmen eine immer größere Rolle ein. Hier gilt es vor allem, unsere ohnehin schon viel zu verschmutzten Weltmeere und Ökosysteme vor immer mehr Müll zu Schützen. PET-Flaschen und andere Kunststoffe aus industriellem Abfall werden zur Wiederverwendung aufbereitet und können als Kleidung nachhaltig weiter genutzt werden. Das kommt dem ganzen Ökosystem zugute und bietet Herstellern eine alternative Produktionsmöglichkeit. Betrachtet man die Wirkung für den einzelnen Konsumenten bedeutet das, dass man sich bei jedem Kauf von Kleidung aktiv dafür entscheiden kann etwas für den Schutz unseres Planeten zu tun. Diese Tatsache ist nur leider den wenigsten tatsächlich auch bewusst.
Einen Überblick über wesentliche Zertifizierungen gibt’s übrigens auch hier auf dem Blog (Übersicht Zertifizierungen).
Wirkung auf die Tierwelt
Apropos Ökosystem: So mancher mag sich fragen, welche Rolle bei nachhaltiger Mode unsere Tierwelt spielen mag. Naheliegend ist sicher, dass für nachhaltige und vor allem vegane Mode keine Tierprodukte jedweder Art verwendet werden. Hier können sich Unternehmen unter anderem von der Tierschutzorganisation PETA zertifizieren lassen und sich dazu verpflichten Bekleidung ohne tierische Bestandteile und Tierquälerei herzustellen und zu vertreiben. Auch die globale Organisation 4 Paws (in Deutschland Vier Pfoten) tritt für eine Welt ein, in der Menschen Tieren mit Respekt, Mitgefühl und Verständnis begegnen. Sie bietet Unternehmen die Möglichkeit, sich der pelzfreien Produktion zu verschreiben und zu garantieren, niemals Pelz in irgendeiner Form einzusetzen. Durch den Verzicht auf tierische Materialien und durch die Verpflichtung zur Einhaltung ökologischer Standards können Unternehmen schon viel zur Tiererhaltung und Tiergesundheit beitragen.
Einige Unternehmen gehen dann noch einen Schritt weiter und geben einen Teil ihrer Einnahmen in Form von Spenden an die Natur zurück. Hier gibt es eine Vielzahl an Möglichkeiten, wie Unternehmen dies tun. Viele junge Modelabels spenden einen Teil ihres Gewinns für die Aufforstung lokaler aber auch überregionaler Wälder. Andere setzen sich dafür ein, Müll aus den Weltmeeren zu sammeln, aufzubereiten und in Form von Accessoires anzubieten. Und wieder andere geben einen Teil für den Schutz von Tieren ab. Das Modelabel espero widmet sich zum Beispiel dem Schutz vom Aussterben bedrohter Tierarten und gibt seinen Käufern die Möglichkeit, zu entscheiden, an welche Tierart der aus ihrem Einkauf resultierende Spendenanteil gespendet wird. Das Ganze ist völlig transparent, da sich jede Kollektion einem ganz bestimmten Projekt widmet und man unter jedem einzelnen Artikel genau erkennt, an welches Projekt der jeweilige Anteil fließt. Eine wichtige Maßnahme wenn man bedenkt, dass wir uns in der Zeit des größten Artensterbens aller Zeiten befinden. Rund 150 Tier- und Pflanzenarten sterben derzeit täglich aus und verschwinden damit für immer von unserem Planeten. 40-50% aller Tier- und Pflanzenarten gelten derzeit als bedroht. Weitere Informationen findet Ihr dazu auf espero-clothing.de.
Doch egal, ob es um besonders bedrohte Tiere wie Nashörner und Elefanten, oder um die Kleinen wie Bienen oder Fische geht – die Hauptsache ist, dass wir Menschen uns bewusstwerden, welche Auswirkung die Wahl unserer Kleidung auf die Natur hat, oder haben kann. Jeder Konsum hat einen Impact. Das heißt, dass wir mit allem, was wir kaufen, unsere Stimme für etwas abgeben. Und die Wahl haben wir jeden Tag. Ein einfaches Beispiel: Wenn man im Supermarkt steht, kann man sich jeden Tag entscheiden, ob man bio und regional oder konventionell kauft. Und damit bestimmt man automatisch mit, was morgen wiederum im Regal steht und angeboten wird. Auch jedes Stück Fleisch, das heute nicht gekauft wird, ist im Grunde ein Tier, das morgen noch leben kann. Das gleiche Prinzip gilt auch für die Kleidung, die wir kaufen und tragen.
Fazit
Wir als Konsumenten haben eine Stimme und können die auch einsetzen und den Markt mitbestimmen. Das ist bislang nur den wenigsten überhaupt bewusst, aber es gibt ein Umdenken. Wir entscheiden. Und das kann sich richtig gut anfühlen – und zwar bei jedem Tragen eines nachhaltigen und fair produzierten Kleidungsstückes.
Dieser Beitrag ist als Gastartikel gekennzeichnet, da er nicht von unserem Autorenteam geschrieben wurde. Wir wurden für die Veröffentlichung des Beitrags nicht bezahlt. Unser Ziel ist es mit Gastartikeln die Erfahrungen und Meinungen von anderen Menschen aus dem Fair Fashion Bereich abzubilden.